Inheritance Trilogy 02: Die Gefährtin des Lichts by Jemisin N. K

Inheritance Trilogy 02: Die Gefährtin des Lichts by Jemisin N. K

Autor:Jemisin, N. K. [Jemisin, N. K.]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783442266708
Google: P-jSSAAACAAJ
Herausgeber: --
veröffentlicht: 2010-11-14T23:00:00+00:00


»Ich hasse Euch«, flüsterte ich Serymn zu.

»Jetzt vielleicht«, antwortete sie mit abstoßendem Mitleid. »Aber das werdet Ihr nicht immer tun.«

Dann nahm sie meine Hand und führte mich zurück in das Zimmer. Dort ließ sie mich mit meinem stillen Leiden sitzen.

10

»Indoktrination«

(Kohleskizze)

An jenem Nachmittag teilte Hado mich der Arbeitsgruppe zu, die den großen Speisesaal putzte. Die Gruppe bestand aus neun Männern und Frauen. Einige waren älter als ich, die meisten aber jünger. Das schloss ich aus ihren Stimmen. Sie betrachteten mich mit offener Neugier, während Hado ihnen von meiner Blindheit erzählte. Wie ich bemerkte, erwähnte er allerdings nicht, dass ich in die Sekte gezwungen worden war. »Ihr werdet sehen, dass sie recht selbstständig ist. Dennoch wird es einige Aufgaben geben, die sie nicht übernehmen kann.« Das war alles, was er sagte. Trotzdem wusste ich, was noch folgen würde. »Deshalb haben wir euch einige ältere Novizen zugeteilt, die diese Arbeitsgruppe überwachen werden, falls sie Hilfe benötigt. Ich hoffe, das stört euch nicht.«

Sie versicherten ihm, dass dies nicht der Fall sei. Ihr Tonfall war dabei so sklavisch ergeben, dass ich sie sofort verabscheute. Als Hado uns verließ, ging ich zu der Leiterin der Arbeitsgruppe. Es handelte sich um eine junge Frau namens S ri. »Lasst mich den Boden wischen«, sagte ich. »Ich bin heute in der Stimmung für harte Arbeit.« Also übergab sie mir den Eimer.

Der Griff fühlte sich in meinen Händen wie ein Gehstock an. Dafür war ich dankbar. Dadurch fühlte ich mich sicherer und zum ersten Mal, seit ich im Haus der Aufgegangenen Sonne angekommen war, wieder als Herrin über mich selbst. Das war natürlich nur Einbildung, aber ich klammerte mich daran, weil ich es brauchte. Der Speisesaal war riesig. Ich ging an die Arbeit und achtete nicht auf den Schweiß, der mir über das Gesicht lief und meine formlose Tunika an meinem Körper kleben ließ. Als S ri mich schließlich am Arm berührte und mir sagte, dass wir fertig seien, war ich überrascht und enttäuscht zugleich, dass es so schnell vorbei war.

»Du erfüllst unseren Herrn durch deine Mühe mit Stolz«, sagte S ri bewundernd.

Ich streckte meinen schmerzenden Rücken und dachte an Sonnenschein. »Das bezweifle ich«, sagte ich. Es trug mir ein ziemlich verwirrtes Schweigen ein.

Da wir diese Aufgabe erledigt hatten, führte einer der älteren Novizen mich zu den Bädern. Ein schönes Vollbad linderte den Muskelkater ein wenig, den ich sicherlich am nächsten Tag haben würde. Danach führte man mich zurück in mein Zimmer, wo auf dem Tisch ein heißes Mahl auf mich wartete. Sie schlössen immer noch die Tür ab. Außerdem gab es nur eine Gabel, aber kein Messer. Ich aß und dachte darüber nach, wie schnell man sich an eine derartige Gefangenschaft gewöhnen konnte — die Einfachheit von ehrlicher Arbeit, beruhigenden Liedern, die durch die Flure hallten, freien Mahlzeiten, einem Dach über dem Kopf und Kleidung. Ich hatte mich immer gefragt, warum jemand einer Organisation wie dem Orden beitrat. Jetzt wurde es mir klar. Verglichen mit der Komplexität der Außenwelt, war das hier für Körper und Seele leichter zu ertragen.



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